Posted On 09/10/2018 By In Highlights, News/ Berichte With 4004 Views

Sonnige “Stunde der Formel Vau 2018”

Es hatte wieder die „Stunde der Formel Vau“ geschlagen – beim durchwegs sonnigen Saisonabschluss im Rahmen des internationalen DMV-Automobilpreises in Hockenheim. Am Mittwochnachmittag reisten die ersten Teams an und verbrachten bereits eine gesellige Runde mit der in Hockenheim am ersten Abend traditionellen Pizza. Donnerstag ging’s dann an die Papier- und technische Abnahme der insgesamt 60 genannten Fahrzeuge. Diese verteilten sich auf zwei Formate: „Das Rennen zum Buch“ und „die „Stunde der Formel Vau“. In dem 20-minütigen Rennlauf sollte „die ganze Geschichte der Formel Vau“ gezeigt werden – einmalig und finanziert aus den gespendeten Honoraren der Autoren des ausgezeichneten Formel Vau-Buches. Ausgefahren wurde „das Rennen“ am Samstagmorgen. Zentrales Element der Veranstaltung ist zweitens „die Stunde“ mit Pflichtboxenstopp. In einem anspruchsvollen Gleichmäßigkeitsformat wird der Erfolgsmodus der internationalen Serie der DMV Formel Vau im Clubsportformat in ein einstündiges Setting übertragen – und sportlich etwas anspruchsvoller gestaltet. Die schnellste Runde, die vom jeweiligen Fahrzeug gefahren wird, ist die Referenzrunde. Gewertet werden die acht Runden mit der geringsten Abweichung. Zudem ist ein Pflichtboxenstopp zwischen der 10.ten und 50.sten Minute vorgeschrieben, der einschließlich In- und Outlap mindestens 10 Minuten und maximal 15 Minuten dauern darf. Abweichungen von dieser Vorgabe werden mit Strafpunkten sanktioniert. Eine für die Teams herausfordernde Rechen- und Strategieaufgabe. Der Sieger dieser anspruchsvollen Wertung erhält einen Satz Hoosier-Rennreifen, der Zweitplatzierte einen Gutschein von Markus Heimburger Helmdesign (MHR Design) im Wert von 500,- Euro, der Drittplatzierte einen Gutschein über 300,- Euro von Büchl Rennsporttechnik. Die Plätze 4 und 5 sowie alle Klassensieger durften sich auf hochwertige Ölprodukte aus dem Hause Ravenol freuen. Aber erst mal musste das ja ausgefahren werden.

Das Fahren begann am Donnerstagnachmittag nach einer ausführlichen Fahrerbesprechung mit einem „Test“ ohne Zeitnahme, um die Strecke (wieder) kennenzulernen und letzte Einstellungen zu erproben. Der frühe Motorschaden von Oswin Büchl im Lola und der Verlust des linken Hinterrads von Maria Nachbar im Apal vor Turn 2 bescherten den Aktiven zwei relativ lange Rotphasen. Obwohl die Rennleitung die verlorene Trainingszeit weitgehend hinten anfügte, war der Test doch durch die langen Unterbrechungen getrübt und es kam keine Kontinuität beim Fahren und Ausprobieren zustande. Bei Büchl Motorsport begann anschließend eifriges Schrauben an Rüdiger Magers Jim-Beam-Lola, der seinen Ersatzmotor implantiert bekam. In der Nachbarschaft schraubten die Nachbars das Rad wieder an ihren Apal.

Freitags folgten dann die Qualifyings für Rennen und „Stunde der Formel Vau“. Neu dabei auch diesmal wieder 8 Erststarter. Besonders erfreulich, dass erstmalig zwei französische Starter mit von der Vau-Partie waren: Dominique Nussbaumer und Marc Pierre vom assoziierten Verein, der Formule Ve France. Das ist auch deshalb ein wichtiges Signal, weil die „Stunde der Formel Vau“ sich mittelfristig zu einem europäischen Formel Vau-Festival entwickeln soll.

Als gegen Abend aus Fahrerlagerkreisen durchsickerte, es werde darüber gesprochen, dass Philipp Orthey im Austro Vau einen 1600-er Motor fahre, bat der „Fahrtleiter“ der Stunde der Formel Vau – das ist die Rolle des Schreiberlings dieser Zeilen gemäß der Rahmenausschreibung – den Technischen Kommissar Knut Wartenberg um eine sofortige Kontrolle des Hubraums am ORTHEYschen Austro. Die mit Fotos dokumentierte Kontrolle des TK ergab, dass es sich zweifelsfrei um einen 1300-er Motor handelt. Das Ergebnis der technischen Prüfung soll auch absichern, dass sich die beiden ORTHEYs-Junioren fahrerisch über die Saison – ganz sicher ohne faule Motoren – prächtig entwickelt haben. Und sie hatten dabei – wie das gesamte Team – großen Spaß. Lara-Lisa (Link) und Philipp (Orthey), ihr habt das sehr gut gemacht (schreibt hier der Teamchef ;-). Und die anderen jungen Fahrer der Serie ebenfalls. Und das sind ja mittlerweile einige. Und es werden immer mehr, wie an diesem Wochenende Maria Nachbar, Toni Sieber, Niels Spanbroek und Nick Wittkuhn bei ihren ersten Einsätzen zeigten. Ihr alle seid eine wohltuende Bereicherung – fahrerisch und menschlich. Astrid Orthey, die „Teamtante“ des Juniorteams, merkte mit Blick auf den 1600-er-Verdacht mit leichtem Unterton an, es müsse sich wohl um einen Ferrari-Motor handeln, der bisher überraschenderweise ein Jahr lang unbemerkt geblieben sei. Tanten dürfen das.

Bei der „Stunde der Formel Vau“ geht es auch darum, zum Saisonende nochmals richtig viel und satt Formel Vau zu fahren. Angefangen haben damit in den 1960-er bis 1980-er-Jahren unsere „Legenden“ der Formel Vau und Super Vau. Über 30 von ihnen sind unserer Einladung nach Hockenheim gefolgt. Bereits Freitag reisten die Schweden an: Super-Vau-Star Kennerth Persson und Hans Edvinsson gaben uns die Ehre. Am Samstag nahm es fast kein Ende mit der Wiedersehensfreude: unter anderem Helmut Henzler, Günther Gebhardt, Gerd Schüler, Jo Binder und Markus Hotz aus der Schweiz, Jos Tollenaar und weiter aus den frühen Zeiten Roland und Werner Müller, sowie der Europameister 1967 Günther Huber und viele, viele mehr. Günther Huber war es auch, der gemeinsam mit Rainer Braun den Stundenlauf kommentierte. Der Kommentar begann schon während des erstmalig durchgeführten Gridwalks, den Veranstalter und Rennleitung trotz Zeitverzug ermöglichten. Da stellte sich Formel 1-Atmosphäre ein. Bei allerbester Laune und – wie am gesamten Wochenende – bei sonnigen Sommerbedingungen. Schon hier steuerten die Kommentatoren Braun und Huber Geschichten ohne Ende bei. Unglaublich. Auffällig allerdings, dass der Begriff „sich in die Karre fahren“ dabei zur Beschreibung des umtriebigen Geschehens auf der Strecke recht häufig Verwendung fand. Das ist heute gottlob anders. Die Geschichte zu pflegen heißt ja nicht, sie zu imitieren.

Nach dem Stundenlauf, den Zuschauer und Legenden sichtlich und hörbar genossen, ging es nach gemütlichem Kaffee und Kuchen im Formel Vau-Bereich mit dem „Legendentalk“ mit Reporter- und Formel-Vau-Legende Rainer Braun weiter. In mehreren Gesprächsrunden gab es für die anwesenden Legenden, Teammitglieder und Vau-Interesstieren in sehr lebendiger und persönlicher Präsentation viel zu hören und noch mehr zu staunen. Es war ein eindrucksvoller Einblick in die „wildeste Rennserie aller Zeiten“ (Braun). Da Rainer Braun als einer der ersten bei der Promotion-Tour 1965 – am Norisring „in Schlipps und Kragen“ – im Formel Vau saß, weiß er vieles auch aus erster Hand zu berichten. Und aus der Cockpitperspektive. Wer die Eskapaden kennt, die er viele Jahre später im Renault 5-Cup vollführte, wundert sich nicht, dass er in seinen Geschichten auch an der ein oder anderen Stelle vorkommt, wo es mal wieder darum ging „sich in die Karre“ gefahren zu sein. Beim Legendentalk wurde darüber viel gelacht. Weitere Fortsetzungen mögen folgen – damit die heute Aktiven die Geschichte und die Geschichten, die sie fortschreiben, aus erster Hand kennen. Und noch dies, weil es so eine tolle Geschichte ist: Markus Hotz (Horag Racing) brachte die händische Skizze des HAS 4 mit, die im Formel Vau-Buch auf Seite 257 abgebildet ist. „frei nach Koinigg Nov. 70“ steht darunter. Interessant ist die Rückseite: Es handelt sich um die Speisekarte des Schiffs mit dem die damaligen Stars nach Israel verschifft wurden, um dort ein Formel Vau-Rennen zu fahren. Harald Ertl, Helmut Koinigg und Markus Hotz waren in der abendlichen Technikrunde an Bord wohl beteiligt. Und entwarfen mal flott einen Super Vau. Und so bringen Legendentreffen immer auch Neues, völlig Unbekanntes zu Tage.

Um das Wiedersehen und die Geschichten der Legenden herum bot das Vau-Geschehen auf der Strecke einen stimmigen Rahmen: zuerst am Samstagmorgen mit dem Rennen. Auf der Motodromtribüne herrschte bei den erstverdächtigen Vau-Zuschauern schwere Begeisterung, nebst lautstarken Anfeuerungen der Protagonisten auf der Strecke. In einem Rennen ohne Unterbrechungen herrschte bei den Aktiven ebenfalls Begeisterung vor, die sich anschließend vor dem Parc Ferme eindrucksvoll in Umarmungen und heftigem Schulterklopfen entlud. Sieger wurde Oswin Büchl im Lola vorm Schweizer Max Kohler im Ralt und Wolfgang Götz im Veemax. Die Klassensiege gingen an die Luxemburgerin Sarah Havermans, an Robin Kluth, Nick Ohlinger, Thomas Cramer, Oswin Büchl und Stephane Lechine. Toll! Die ersten drei erhielten Siegerkränze – wie einst. Und bei einigen blieb die Frage hängen: Soll das wirklich einmalig gewesen sein?

Nach der Siegerehrung folgte dann allerdings erstmal ganz lebenspraktisch das Aufladen der Batterien und das Vorbereiten der Fahrzeuge für „die Stunde“. Die startete etwas verspätet mit dem Gridwalk auf Start und Ziel mit tollen Bildern und in sehr lässiger Atmosphäre. Anschließend das sensationelle Startbild: ein ganzes Motodrom voller Formel Vau- und Super-Vau-Rennfahrzeuge und dann nach dem Start ein nicht enden wollendes Formel Vau-Band.

Es folgt ein toller Lauf nebst beeindruckender Boxenstopp-Action. Eine kurze Safety-Car-Phase ist einer relativ leichten Kollision von zwei Fahrzeugen geschuldet. Für die Zuschauer gibt es viel Aktion auf der Strecke. Sie wissen gar nicht, ob sie hinschauen oder hinhören sollen. Im Hintergrund kommentiert Rainer Braun das anregende Treiben auf der Strecke und garniert es mit Geschichte und Geschichten, wie sie nur die Formel Vau schrieb – und wie nur er sie erzählen kann.

Die „Stunde der Formel Vau“ gewinnt – wie im Vorjahr – Hugo Sewing (Kaimann, Klasse 2), der auch diesmal den von Hoosier gestifteten Reifensatz mitnehmen kann. Zweiter werden Vater und Sohn Mark und Niels Spanbroeck (Kaimann, Klasse 3) aus den Niederlanden vor Stephan Gremler im RPB. Die Klassensiege gehen an Sarah Havermans (LUX), Hugo Sewing, die Spanbroeks (NL), Lothar Panten, Max Kohler (CH), Marc Pierre (FR) und Stephane Lechine. Den Sonderpreis für den erfolgreichsten Nachwuchsfahrer erhält als Gesamtsechster Einzelstarter Philipp Orthey vom ORTHEYs-Formel-Vau-Junior-Team.

Herzliche Glückwünsche an alle Sieger und Platzierten.

Aber damit nicht genug …

Der erstmals ausgeschriebene „Concours Formule Ve“ wird von einer international besetzten Jury unter Leitung von Joachim Ohlinger ausgelobt und in drei Klassen und als „Best of show“ vergeben. Schönster Formel Vau 1300 wird mit 152 von 200 möglichen Punkten der Apal von Sarah Havermans (Startnummer 102), schönster Formel Super Vau der Ralt (Startnummer 503) von Max Kohler mit 146 von 200 möglichen Punkten und als schönster moderner Formel Vau wird der DRM (1999) von Kay Volk prämiert (Startnummer 706), dessen Fahrer erstmals dabei ist. Originalität ist das Kriterium, das sich in der Beurteilung der Jury besonders ausgewirkt hat.

Nach der Siegerehrung kommen sie alle, die das ermöglicht haben ins Formel Vau-Zelt auf die Betonplatte: Streckenposten, Marshalls und das gesamte Funktionspersonal des Wochenendes sind eingeladen zur „Saisonabschlusssause 2018“. Da wird gemeinsam gefeiert. Und dann gibt es Live-Musik mit „The Wotcha Blokes“. Eindeutiger Mitsinger- und Mittanzer-Song: LOLA …von den Kings. Manche versuchten es auch mit einer Veemax-Version des legendären Songs. Der Stimmung nützte das eher. Eine echte Saisonabschlusssause eben. Perfekt.

Anderentags war dann Aufräumen angesagt. Und um 12.00 Uhr war die Betonplatte frei. Nächstes Jahr werden wir sie wieder auffüllen mit „der ganzen Geschichte der Formel Vau“ bei der „Stunde“.

Und: die sehr begeisterten französischen Freunde wollen 2019 mit 10 Autos kommen.

Die „Stunde der Formel Vau“ wächst und gedeiht weiter.

Danke für dieses unvergessliche Wochenende!

Frank Orthey


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