Posted On 20/06/2018 By In News/ Berichte With 3101 Views

Die Formel Vau beim „Freddy Kottulinsky Revival“ in Schleiz

Am zweiten Juli-Wochenende war die Formel Vau zu Gast im Süden Thüringens, wo Demoläufe auf dem Schleizer Dreieck bevorstanden. Die Veranstaltung zu Ehren von Freddy Kottulinsky, in den siebziger Jahren unter anderem in der Formel Super Vau aktiv, stand ganz im Zeichen des traditionellen Motorsports. So trafen auf der ältesten Rennstrecke Deutschlands Motorräder, Seitenwagen, Touren-, Sport- und Formelwagen aufeinander und baten den Interessierten bei bestem Wetter einen weiten Einblick in den historischen Rennsport, insbesondere auch die Rennsportgeschichte der ehemaligen DDR.

Der erste Lauf des Wochenendes wurde am Freitagnachmittag abgehalten. Hier war den Piloten durchaus noch etwas Vorsicht anzumerken, man fuhr schließlich auf unbekanntem Terrain. Auf einer der wenigen Naturrennstrecken Deutschlands bezahlt man Fehler teurer, als auf modernen Grand Prix-Strecken. Die Sitzung dauerte zwanzig Minuten und alle Fahrer brachten ihre Fahrzeuge sicher ins Ziel. Die Teilnehmer zeigten sich ausnahmslos begeistert vom anspruchsvollen Kurs, der als Berg- und Talbahn bezeichnet werden darf. Einige nutzten den sommerlichen Abend im Anschluss für eine Streckenbegehung um Details und Besonderheiten auszuloten, die aus dem Cockpit heraus nicht immer ersichtlich sind. Dabei machte sich vor allem die Differenz von 59 Höhenmetern in Form von „schweren Beinen“ bemerkbar.

Als am Samstagmorgen die ersten Motoren dröhnten, war die Nachtruhe für die meisten der Vauler Geschichte und die Vorbereitungen für die beiden Läufe am Nachmittag liefen auf Hochtouren. Wer fernab des Ganzen noch etwas Luft hatte, der sah sich einen der zahlreichen Motorradläufe an, die Vormittags ausgetragen wurden oder bewunderte die mutigen Seitenwagenbesatzungen. Kurz nach der Mittagspause war es dann soweit und der 15 Fahrzeuge starke Tross begab sich auf die Strecke, wo diesmal satte 25 Minuten Fahrzeit bevorstanden. Bei strahlendem Sonnenschein und steigenden Temperaturen wurden die Linien der Piloten immer flüssiger. Noch während der Sitzung musste Rüdiger Müller seinen Klasse 3 Christmann abstellen, hier wurde ein Schaden am Motor diagnostiziert. Nach dem Lauf gab auch Andreas Kohler im wassergekühlten RMS Jet auf, mehrere kleinere Probleme ließen eine weitere Fahrt nicht mehr zu. Eine der schönsten Geschichten des Wochenendes war sicherlich das Debüt des erst 15-jährigen Nick Wittkuhn, der auf der Startnummer 319, dem Kaimann der “Wittkuhn-Renndynastie”, unterwegs war und mittels Sondergenehmigung erste Streckenkilometer sammeln konnte. Ließ er am Freitag noch Vater Marco Wittkuhn den Vortritt, übernahm er in den darauffolgenden Sitzungen das Lenkrad des von Teamchef Wilfried bestens vorbereitete Autos und brachte den Wagen unbeschadet und mit breitem Grinsen zurück ins Fahrerlager, eine tadellose Leistung.

Lauf drei brachte neben weiterhin fantastischem Wetter und zahlreich erschienenem Publikum dann die nächste schöne Geschichte hervor. Der Schweizer Louis Christen setzte sich nach jahrzehntelanger Abstinenz in den von ihm in den Siebzigern entwickelten LCR-Monoposti und bewegte den Boliden um die schnellen Kurvenkombinationen der Rennstrecke. „Werks-Fahrer“ Johann Wanger bestand darauf, dass der Erbauer auch einmal selbst Platz nehmen sollte und verfolgte das Geschehen mit Freude von der Boxenmauer aus. Obendrauf gab es vom Konstrukteur noch mehr Verständnis für das leicht untersteuernde Verhalten des Zweivergasers, wir dürfen gespannt sein, welche Schlüsse das Schweiz-Liechtensteinische Team daraus ziehen kann. Fernab davon gab es neben ein paar wenigen Ausritten und Drehern, die allesamt glimpflich ausgingen, keine besonderen Vorkommnisse. Nach einigen schönen Runden um den 3,805 km langen Kurs wurden die Boxermotoren für diesen Tag schlafengelegt, stattdessen kamen die obligatorischen Benzingespräche ins Rollen und der Abend klang in klassischer Fahrerlageratmosphäre aus.

Tag drei hielt noch eine weitere 25-minütige Sitzung bereit und kurz nach dem Mittag brach das um zwei Fahrzeuge verkleinerte Feld auf zum Vor-Start. Thomas Cramer brachte seine ATS-Lola, übrigens das Modell, mit dem Freddy Kottulinsky 1975 die Super Vau Europameisterschaft gewann, dank schnellem Eingreifen in letzter Sekunde an den Start. Der Gaszug hatte sich verklemmt, auch dank der Hilfe von LCR-Chef Louis Christen, war das Problem schnell gelöst und Cramer erreichte den Vorstart „just in time“. Als dann alle 13 Fahrzeuge auf der Strecke waren, gab es das nächste kleine Drama. Bei Youngster Ruben van Hoorn löste sich in der Schikane vor Start/Ziel die komplette Bremstrommel in Wohlgefallen auf. Ein Materialfehler, der aus Startnummer 124 ein Dreirad machte aber zum Glück nur kleinere Schäden verursachte. Das Heimrennen des Holländers, das in vier Wochen in Zandvoort ausgetragen wird, ist glücklicherweise nicht in Gefahr. Eine halbe Runde später musste der Autor dieser Zeilen seinen Fuchs Einvergaser abstellen, der Grund hierfür war vergleichsweise harmlos, ein loses Zündkabel. Als Anekdote am Rande, kam es hier an Posten 13F zum Wiedersehen mit genau dem Sportwart, den er tags zuvor am Duschcontainer mit „wir sehen uns morgen“ verabschiedet hatte. Die anderen Fahrer fuhren den Lauf zu Ende und brachten ihre Autos sicher zurück ins Fahrerlager.

Damit endete ein wirklich gelungenes Rennwochenende, das vom Wetter über die Menschen vor Ort, bis zur einzigartigen Streckencharakteristik Lust auf mehr macht. Das Event versprühte auch neben der Rennstrecke den Glanz der vergangenen Jahrzehnte, die Formel Vau wurde gut aufgenommen, das Publikum zeigte sich sehr interessiert. Bereits in vier Wochen geht es dann mit zwei Meisterschaftsläufen im holländischen Zandvoort weiter.

Was bis zum Ende der Veranstaltung nicht bekannt war, wurde später traurige Gewissheit. Ein Teilnehmer der Motorradrennen verlor am Sonntag auf der Strecke sein Leben, nachdem sich ein tragischer Unfall ereignete. Die Historische Formel Vau Europa e.V. möchte an dieser Stelle allen Beteiligten ihr herzliches Beileid ausdrücken.

Text: Kenneth Schlienz

Fotos: Thomas Cramer

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