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RSM-Tasco (D)

Frank Orthey 2022/01/09 15:47 RSM-TASCO HT 138, wohl einer der gelungensten Formel Vau-Entwürfe

Basisbeitrag von Joachim Ohlinger in Zusammenarbeit mit Erich Hitschfel

Der Gründer von „RSM“ (RennSport- und Motorentechnik), Erich Hitschfel, wurde 1938 in Karlsbad geboren und beschäftigte sich schon in jungen Jahren mit technischen Zusammenhängen. Seine Kindheit verbrachte er bis 1945 in Karlsbad, danach in verschiedenen russischen und amerikanischen Auffanglagern, 1947 wurde er bedingt durch die Nachkriegswirren nach Mannheim umgesiedelt. Seine berufliche Laufbahn begann er in der Autofachschule in Mannheim, danach folgte eine Ausbildung zum KFZ-Elektriker, die er im Alter von 15 Jahren erfolgreich abschloss. Danach arbeitete er unter anderem bei Mercedes Benz in Mannheim in der Abteilung, in der die 300er SL und 190er SL gewartet wurden. Sein Interesse am Motorsport wurde geweckt. In dieser Zeit beschäftigte er sich schon mit luftgekühlten Motoren, die seinem Empfinden nach nie genug Leistung hatten. 1960 heiratete er seine Frau Gisela, kaufte sich ein BMW 700 Coupé, lernte den Meister der Mannheimer BMW-Niederlassung Herrn Röder kennen, der mit einem BMW 700 Rennen fuhr und begleitete diesen fortan zu Einsätzen bei Bergrennen. In den Jahren 1961-66 baute Erich Hitschfel seinen BMW ständig weiter um, änderte das Fahrwerk und steigerte die Leistung des luftgekühlten Motors. 1967 machte er sich mit dem Namen RSM-Technik unter dem Firmenzeichen des springenden Stieres in Mannheim selbstständig. Neben den BMW 700, Porsche 356 und Glasmotoren bearbeitete er auch VW-Käfer-Motoren, wobei er immer darauf bedacht war, die Triebwerke mit hoher technischer Präzision nicht nur schnell, sondern auch standfest aufzubauen. Dies erforderte sensibles Arbeiten, technisches Können und auch Persönlichkeit, da diese Vorgehensweise durchaus seinen Preis hatte. Diejenigen Kunden, die bereit waren seinem Können zu vertrauen, wurden mit hochwertiger Motorentechnik belohnt, die von Erich Hitschfel ständig weiterentwickelt wurde. 1968 kam Günter Schmid (ATS-Felgen-Hersteller und späterer Eigner des deutschen Formel-1 ATS-Teams) mit einem Anhänger voller Ersatzteile und einem neuen Kaimann MK3 Formel-Vau 1300 von Kurt Bergmann zu Erich Hitschfel. Günter Schmid erteilte Erich Hitschfel den Auftrag, den Kaimann zu überprüfen, zu vermessen und die notwendigen Einstellungen durchzuführen. In der Folge verpflichtete Günter Schmid Erich Hitschfel als Rennmechaniker, um den Kaimann auch bei den Renneinsätzen zu betreuen. Daraus entstand neben einer erfolgreichen Zusammenarbeit auch der Geschäftsbereich „Formel-Vau“. Erich Hitschfel baute Spezialteile, optimierte Fahrwerke und steigerte die Leistung von 1300er VW-Motoren. So wurde auch die Rennserie „Formel-Vau“ in manchen Jahren mit bis zu siebzig Rennmotoren beliefert. Im selben Jahr lernte er bei Heinz Fuchs den Konstrukteur und Erbauer der TASCO-Rennwagen Joos Tollenaar kennen, und beide beschlossen gemeinsam Formel-Vau-Monopostos zu entwickeln und zu bauen, die sie RSM-TASCO nannten. Joos Tollenaar in frühen Zeiten in seinem einzigartigen Tasco

Joos Tollenaar und Erich Hitschfel entwickelten die Rennwagen. Alle Zeichnungen wurden von Joos Tollenaar angefertigt. Die Produktion der Rennfahrzeuge übernahm Erich Hitschfel in seiner Mannheimer Manufaktur. Er verbesserte Details und entwickelte die Fahrzeuge mittels Erkenntnissen und Erfahrungen, die bei den Renneinsätzen gemacht wurden, weiter. Anatole Lapine, Design-Chef bei Opel, schenkte Erich Hitschfel bei seinem Besuch in Hitschfels Mannheimer Werkstatt einen von Ihm entwickelten Formel-Opel. Die Cockpit-Konstruktion dieses Rennwagens haben Erich Hitschfel und Joos Tollenaar bei ihrer ersten gemeinsamen Entwicklung, dem RSM-TASCO HT 137 Formel Vau, verwendet. Joos Tollenaar entwarft die Karosserie des HT 137, die er später auch beim RSM-TASCO HT 161 verwendete. Er entwickelte und baute bei sich in Frankfurt den Prototyp des ersten luftgekühlten Formel Super Vau RSM-TASCO HT 161, bei dem er das Chassis des von ihm konstruierten TASCO 3 mit der Plexiglas-Cockpit-Verkleidung verwendete. Der RSM TASCO HT 161 kam leider nie zum Einsatz, da auf Betreiben anderer Hersteller das Reglement geändert wurde.

Das neue Reglement erlaubte den Typ-4-Motor mit Frontkühlgebläse. Daraufhin entwickelten Erich Hitschfel und Joos Tollenaar in kürzester Zeit den RSM TASCO HT 162. Die Karosserie dazu zeichnete Joos Tollenaar. Um beim ersten Formel Super Vau Rennen 1972, der Castrol GTX Trophy starten zu können, baute Erich Hitschfel in aller Eile eine „Notkarosserie“ aus Teilen der schon vorhandenen Karosserie des HT 137. Es war wichtig, beim ersten Super Vau-Rennen zu starten, weil es für jedes teilnehmende Fahrzeug von VW drei Stück einsatzfertige Rennmotoren gab. Aus diesem Grund war Eile geboten und in der Mannheimer Manufaktur gingen die Lichter bis zum Starttermin in Hockenheim nicht mehr aus. Schon immer legte Erich Hitschfel größten Wert auf Sicherheit, aus diesem Grund lötete er seine Rahmen mit dem sogenannten „Flux-Lötverfahren“, das den Vorteil hatte, die Rohrverbindungen im Löt-Verbindungsbereich mit einer niedrigeren Temperatur zu bearbeiten. Dies führte zu einer minimaleren Gefügeveränderung als das Schweißverfahren. Dadurch wurden die Rahmen wesentlich stabiler und verwindungssteifer. Hitschfel hat bei allen von ihm angefertigten Formel-Rahmen immer extra sechs Befestigungspunkte für die Sicherheitsgurte konstruktiv eingearbeitet. Der Überrollbügel wurde nach Möglichkeit mehrfach nach vorne und hinten abgestützt. Der RSM-TASCO HT 137 hatte sich zu einem erfolgreichen Rennfahrzeug entwickelt. Tom Morstein-Marx gewann 1972 die letzte Ein-Vergaser Formel Vau 1300 Meisterschaft der Ausweisfahrer mit einem HT 137. Tom Morstein-Marx im RSM-TASCO HT 137

Der RSM-TASCO HT 162 musste fertiggestellt und immer wieder geändert werden, da auf Betreiben von Royale das Reglement noch einmal geändert worden war. Jetzt durfte auch ohne Kühlluftgebläse und nur mit Fahrtwindkühlung gefahren werden. Insgesamt wurden vom RSM-TASCO HT 162 drei Fahrzeuge gebaut. Die beiden Werkswagen wurden von Lothar Schörg und Freddy Kottulinsky gefahren, das dritte Fahrzeug wurde von Joos Tollenaar eingesetzt.

Neben all diesen Entwicklungsarbeiten und den europaweiten Renneinsätzen mit den beiden RSM-TASCO HT 162 wurde ein neuer Formel-Vau 1300 mit zwei Vergasern und Fahrtwindkühlung, der RSM-TASCO HT 138 entwickelt. Dazu wurde ein ganz neues Rahmenkonzept mit einem speziellen Armaturenspand und einem mittragenden Alu-Boden aus geschmiedetem hochfestem Aluminium entworfen. Erstmalig wurde bei RSM im Rahmenbau Rund- und Vierkantrohr verwendet und damit die Präzision nochmals verbessert. Erich Hitschfel entwickelte für die Hinterachse einen hochfesten Stahlträger aus Stahlblech, der nur 450 Gramm wog. Der junge Designstudent Michael Neumann entwarf und fertigte die erste Karosserie. Seine Ideen waren für die Formel Vau revolutionär. Es zeigte sich jedoch bald, dass die sehr ansprechende Form der Karosserie der darunterliegenden Technik noch aufwändig von Erich Hitschfel angepasst werden musste. 250 Stunden benötigte Hitschfel, damit die moderne Form der Fahrzeugtechnik gerecht wurde. Der RSM HT 138 wurde wohl optisch der am besten gelungene Formel Vau 1300 im gesamten Rennfeld.

In diese Zeit fiel auch das Ende der Geschäftsbeziehung zwischen Erich Hitschfel und Joos Tollenaar. In der Folge trugen die Formel-Fahrzeuge von Erich Hitschfel nur noch die Bezeichnung RSM-HT. Vom RSM-HT 138 Formel Vau 1300 mit zwei Vergaser-Motoren wurden insgesamt 25 Exemplare gebaut, die für DM 16.300,- mit Motor angeboten wurden. Den für die damalige Zeit stolzen Preis rechtfertigte die ebenfalls außergewöhnliche hohe Qualität. Mit dem Bild des RSM-HT 138 bewarb VW seine Aktivitäten in der Formel Vau. Erich Hitschfel betrieb bis zu seinem Ruhestand sehr erfolgreich seine Racing-School am Hockenheimring. Er lebt mit seiner Frau Gisela in Mannheim. Die beiden Werkswagen RSM-TASCO HT 162 werden heute von Joachim Ohlinger und Leo Sommer liebevoll gepflegt und im Rahmen der Historischen Formel Vau Europa stilvoll auf den Rennplätzen eingesetzt. Joachim Ohlinger und Leo Sommer in den beiden Werkswagen RSM-TASCO HT 162 am Nürburgring 2016

Erich Hitschfel

Joos Tollenaar

Michael R. Neumann (Karosse HT 138)

Thomas Keßler/Frank Michael Orthey/Lothar Panten: Formel Vau und Super Vau. Die Geschichte eines Rennsport-Welterfolgs. View-Verlag, 2. Auflage Bonn 2017

Joachim Ohlinger

Erich Hitschfel

Lothar Panten

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  • von frankorthey