kaimann

Kaimann (A)

Frank Orthey 2022/01/07 14:18

War gleich ein Siegerfahrzeug: Neuer Kaimann Super Vau

Basisbeitrag von Karl Holzinger

Das Kaimann-Team war ein österreichischer Motorsport-Rennstall, der 1966 von Kurt Bergmann in Wien-Eßling gegründet wurde. Gelegentlich trat Bergmann unter einem Sponsornamen auf wie Bosch Racing-Team, Wien. Bergmanns Gespür für junge Talente und deren Entwicklung zu Spitzenfahrern im Kaimann-Team führten etliche Fahrer in die Formel 1. Das Team war in allen bedeutenden Meisterschaften der Formel V erfolgreich und gewann 1971 den jährlichen Vergleichskampf USA – Europa auf dem Daytona Speedway in den USA. Aufbauend auf den Erfolgen seiner Werksfahrer baute Bergmann ab 1968 den Kaimann Mk III in Serie für Privatfahrer. Über 200 Kaimann-Rennwagen waren auf den internationalen Rennstrecken im Einsatz. Die Jahre bis etwa 1979 waren eine Epoche großer österreichischer Erfolge im internationalen Motorsport.

Das Kaimann Racing Team 2016 am Red Bull Ring

Kaimann für Briefmarkensammler: einst in Israel und heute in Österreich

Kurt Bergmann: eine Legende der Formel Vau (1970 im Büro und 2016 am Red-Bull-Ring)

Frühes Zeugnis: der Master als Kart-Racer

Die Kaimann-Story ist die Geschichte von Kurt Bergmann. Kurt war selbst als Kartfahrer unterwegs, als in den 1960er-Jahren die Formel Vau von den USA nach Europa kam. Seinen ersten Formel Vau hat er für sich selbst gebaut.

So entstanden die ersten Kaimänner

Als jedoch Dieter Quester in das Fahrzeug einstieg und auf Anhieb gleich deutlich schnellere Rundenzeiten drehte, entwickelte Kurt sich zum Teamchef. So wurde aus ihm ein Förderer und Entdecker einer erfolgreichen Fahrergeneration. Seine perfekt vorbereiteten Rennwagen waren das Werkzeug für den Weg nach ganz oben. Acht erfolgreiche Kaimann-Piloten schafften den Weg in die Formel 1. Niki Lauda und Keke Rosberg wurden Weltmeister, Niki gleich drei Mal. Außer diesen beiden Champions holten Dr. Helmut Marko, Helmut Koinigg, Dieter Quester, Harald Ertl, Jochen Mass und Jo Gartner ihre ersten Siege auf den Kaimann-Rennern, ehe sie in die Formel 1 aufstiegen. Bereits 1966 hat Kurt Bergmann sein Rennteam formiert. In der Opel-Werkstatt in Wien-Eßling an der berühmten Adresse Eßlinger Hauptstr. 13, entstanden die ersten blitzsauberen Rennwagen. Gleich darauf stellten sich mit dem Fahrer Dieter Quester die ersten Erfolge ein. Dieter holte 1967 die ersten Siegeskränze für das kleine Team nach Eßling.

Legendäre Adresse und Werkstatt in Wien-Eßling

Der junge Lauda (Startnummer 9) im Kaimann im Clinch mit Lothar Schörg im Austro Vau

Eröffnungsrennen Salzburgring: Niki Lauda, Kaimann (Startnummer 8)

Das Ausnahmetalent Dr. Helmut Marko wurde 1968 im Kaimann Mark 3 österreichischer Meister. Die Rivalität mit dem von Porsche Salzburg betriebenen Austro-V-Team entflammte voll. Die Salzburger holten den Europapokal, das Kaimann Racing Team mit dem Fahrer Marko den dritten Platz. Im Herbst holte Kurt Bergmann Erich Breinsberg ins Team - und einen jungen Fahrer Namens Niki Lauda. 1969 gewann Erich Breinsberg den österreichischen Meistertitel. Der Europapokal ging erstmals nach Deutschland, an das MAHAG-Team mit dem Fahrer Alfred Voglberger auf einem Olympic. Bis dahin hatten nur Österreicher gewonnen: Michael Walleczek (1966), Günther Huber (1967) und Werner Riedl (1968), alle auf Austro V. Im vierten Anlauf perfektionierte Kurt Bergmann, mittlerweile auch der „Master“ genannt, 1970 sein Team derart, dass er Maßstäbe in der Formel Vau setzte. Europameister wurde Erich Breinsberg, Vize Harald Ertl - und auch die österreichische Meisterschaft hatte das idente Ergebnis. Bei Rennen wurden oft die Plätze 1 - 3 eingefahren, dahinter auf den Rängen kamen nach den Werksfahrern oft die Kundenfahrer. Damit waren die Formel-Vau-1300-Fahrzeuge auf dem höchsten Entwicklungsstand und das Team perfekt aufgestellt.

Der erste Super Vau im VW-Prospekt

1971 kamen zusätzlich zu den Formel Vau 1300 die Formel Super Vau 1600. Schon die Premiere des Kaimann Super Vau verlief fulminant. Anfang Februar fand in Daytona Beach (USA/Florida) der jährliche Vergleichskampf USA/Europa statt. Erich Breinsberg gewann um Haaresbreite vor dem amerikanischen Meister Tom Davey. Kurt war mit dem brandneuen Super Vau ein überlegenes Auto gelungen. Der erste Europameistertitel durch Erich Breinsberg war 1971 die verdiente Belohnung.

Der Breinsberg Kaimann 1971

Helmut Koinigg, neuer Kaimann-Star

Die Fahrer wechselten und Kurt fand mit Helmut Koinigg ein weiteres Supertalent für das Kaimann Racing Team. 1972 reichte es zwar nach vielen Siegen nur für den zweiten Platz in der Europameisterschaft, aber 1973 war die Rangordnung wieder hergestellt. Kurt hielt den dritten Europapokal in Händen und Helmut Koinigg gelang der direkte Sprung in die Formel 1. 1974 und 1975 gewann der Schwede Kalle Jonsson als Kundenfahrer den Formel-Vau-Europapokal. Parallel gab es den Super-Vau-Goldpokal und die GTX-Trophy, welche das Kaimann Racing Team mit dem Fahrer Keke Rosberg 1975 gewann. In diesem Jahr wurde Niki Lauda Formel-1-Weltmeister. Sieben Jahre später gelang auch Keke Rosberg dieses Kunststück.

Die wassergekühlte Ära: Vorstart am Norisring 1978, vorne die Kaimänner, hinten Jo Gartner, nun bereits im Lola. Auch March und VeeMax drängen nach vorne.

Danach kam die Ära der wassergekühlten Super Vau. Kurt Bergmann baute noch einige wenige Fahrzeuge, jedoch war die große Zeit der Formel Vau vorbei. Das Kaimann Racing Team zog sich langsam aus der Formel Vau zurück um sich anderen Projekten zuzuwenden. Nebenbei baute Kurt Bergmann mit seinem Team auch einige Prototypen. So wurde für Niki Lauda bereits 1969 ein Opel Rekord - genannt „die schwarze Witwe“ - gebaut. Er fuhr damit Rundstreckenrennen. Das Besondere an diesem Fahrzeug war die Alukarosserie. Während der Fertigungspausen haben mutige Mitarbeiter von Opel in Rüsselsheim Aluplatten in die Pressen gelegt. Hätte sich nur eine verklemmt, wäre die Fertigung still gestanden. 1974 entstand ein Kaimann-Opel. Basierend auf einem March 712 von 1971, wurde ein Formel-2-Auto mit Opel-Motor gebaut. Helmut Koinigg, welcher damals schon einen Formel-1-Vertrag hatte, fuhr den Wagen.

Kurt Bergmann, flankiert von der österreichischen Motorsportprominenz in seinem Formel 2. Ein Lieblingsbild des „Masters“.

1981 begann das Kaimann Racing Team im Auftrag von Volkswagen Motorsport eine Antwort auf die sehr erfolgreichen Audi Quattros, welche bereits ihre ersten Erfolge mit Walter Röhrl im Rallye Sport hatten, zu suchen. Die Antwort von Kurt Bergmann war ein Bi-Motor-Fahrzeug, basierend auf einem VW-Jetta genannt „TwinJet“. Die Fachpresse, die umfassend darüber berichtete, gab dem Wagen den Namen „doppeltes Jettchen“. Mit zwei GTI-Motoren, also mit serienmäßigen 220 PS bei 1000 kg und Allradantrieb, brachte der Wagen respektable Leistungen auf die Straße. Von diesen Bi-Motor-Fahrzeugen wurden dann noch weitere vier gebaut, ein Scirocco und drei Golf. Der Bekannteste war der letzte Golf: mit zwei Turbo-Motoren und 675 PS gewann er fast das Pikes Peak Rennen. Leider brach ein Uniballgelenk und der Fahrer Jochi Kleint musste das Fahrzeug in Führung liegend kurz vor dem Ziel abstellen. Sieger wurde Walter Röhrl auf Audi Quattro. Kurt Bergmann mit seinem Kaimann Racing Team ist bis heute einer der erfolgreichsten österreichischen Rennwagenerbauer. Mit über 200 gebauten Fahrzeugen wird er wahrscheinlich so schnell auch nicht eingeholt werden. Der Master wurde im Jänner 2014 bereits 85 Jahre alt und erfreut sich bester Gesundheit. Gemeinsam mit Karl Holzinger wurde das Kaimann Racing Team wieder belebt. Mit einem Frame off restaurierten Werksauto (Formel Super Vau) fährt das Team heute in der historischen Formel Vau Europa in der Formel Vau. Ein Höhepunkt in Kurts Leben stellte 2013 die 50-Jahr-Feier von Volkswagen Motorsport in Daytona dar. Wo nebst Karl Holzinger sein erster Fahrer Dieter Quester den Kaimann im Tri-Oval beim Legendenrennen bewegte. Ebenso wie beim deutschen Jubiläumslauf am Norisring 2015.

Legendär: Gruppenbild mit Master beim großen Formel-Vau-Jubiläum mit Volkswagen Motorsport in Daytona 2013

Zu seinen Festen kamen sie alle: Erich Breinsberg, Niki Lauda, Dr. Helmut Marko, Kurt „Master“ Bergmann, Peter Peter, Dieter Quester

Seltener Anblick: der „Master“ im Rennoverall. Hier kurz vor dem Legendenlauf in Hockenheim im April 2009

Auf der 1. Position mit dem ehemaligen Formel-Vau-Präsidenten Hans Herrmann in Hockenheim 2009

Nach dem erfolgreichen Prüfstandlauf des neuen Super-Vau-Motors stoßen Johanna und Kurt an!

Wiedersehen macht Freude! Kurt Bergmann am Norisring 2016 mit den Journalisten-Legenden Rainer Braun und Manfred Jantke, beide ehemalige Kaimann-Super-Vau-Piloten.

Immer für einen Schmäh gut. Der Master bei der Mitgliederversammlung 2016 in Wolfsburg. Der ehemalige Generalsekretär der Formel Vau Europa Anton Konrad (links) und „Vater“ der Formel Super Vau wirkt da deutlich staatsmännischer. Beide sind heute Ehrenmitglieder der Historischen Formel Vau Europa.

Kurt Bergmann

Basis der Zahlen

ausgehend von der letzten uns bekannten Fahrgestellnummer eine Erhöhung auf die wahrscheinlich produzierte Stückzahl

Ersatzrahmen ohne Fahrgestellnummer wurden in diese Aufstellung nicht aufgenommen (weil nicht bekannt)

im Buch Käfer Treter #1 1972 wurden allein Super V bis 1972 mit 38 Stück angegeben

in AMS 7/1974 wir eine Gesamtstückzahl von 260 angegeben

1966 wurden die beiden ersten Autos unter Austro Beach Car genannt

1967 wurden dann diese Autos unter Kaimann MK II genannt

1979 wurde ein Auto aus 1978 mit einer Fahrgestellnummer 7901 versehen

Aufstellung durch Karl Holzinger und Günther Huber (Stand: 19.01.2022)

Anmerkung durch Karl Holzinger: „Nach tief gehenden Recherchen, konnte heute geklärt werden, dass es keine fortlaufenden Nummern gab. So wurde jedes Jahr mit der Zahl 1 begonnen und die ersten Autos waren auch immer die Werksautos. So sind es nun an die 286 Fahrzeuge die Kurt Bergmann produziert hat.“

Wien Eßling, Eßlinger Hauptstr. 13

Erich Breinsberg: Der Niki, der Keke und das Genie aus der Großstadt. Die jungen Wahnsinnsglüher und ihr holpriger Weg in die Formel 1. Egoth Verlag, Wien 2009

Thomas Keßler/Frank Michael Orthey/Lothar Panten: Formel Vau und Super Vau. Die Geschichte eines Rennsport-Welterfolgs. View-Verlag, 2. Auflage Bonn 2017 (Auszug S. 240 - 245)

https://www.facebook.com/KaimannRacingTeam/

Karl Holzinger (Autor des Basisbeitrags)

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  • Zuletzt geändert: 2022/01/28 09:10
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