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HORAG (CH)

Frank Orthey 2022/01/07 17:03

HAS 4 von 1970

Baisbeitrag von Frank Orthey

Bescheidener Anfang: HAS 1 vor der Werkstatt von Markus Hotz

Markus Hotz über die HORAG-Zeit in Formel Vau und Super Vau im Interview mit Frank Orthey

Frage: Herr Hotz, was fällt Ihnen als allererstes zum Thema HORAG und Formel Vau und Super Vau ein, wenn Sie an diese Zeit zurückdenken?

Markus Hotz: Ich weiß nicht ob es eine Alterserscheinung ist, wenn man die weit zurückliegenden Zeiten als die Schönsten bezeichnet. Auf jeden Fall war es in meiner nun über 50 Jahre dauernden Motorsportzeit eine aufregende Ära, verbunden mit viel Arbeit aber auch mit Durchhaltewillen. Kameradschaft war damals noch groß geschrieben, man hatte anscheinend trotz allem noch Zeit miteinander zu reden und Spaß zu haben. Man hat sich mit Teilen ausgeholfen, wenn auch einiges bis heute nie mehr zurückgekommen ist. Die gut organisierten Rennserien, mit der Unterstützung von VW und den engagierten Helfern haben die Sache sehr geprägt. Man müsste über dieses Umfeld und die hilfsbereiten Personen einen eigenen Artikel schreiben! Die Erinnerung bezieht sich meinerseits hauptsächlich auf die Personen. Die messbaren Erfolge waren sicher auch schön, von den Misserfolgen hat man viel lernen können.

Frage: Wie kamen Sie überhaupt dazu Rennwagen zu bauen – und welche Rolle spielte dabei die Formel Vau und Super Vau?

Markus Hotz: Als begeisterte Rennbesucher am Nürburgring 1965 haben wir den Einsatz der ersten Formel Vau aus Amerika erlebt. Nie daran denkend, dass wir selbst einmal die Gelegenheit haben würden Rennen fahren zu können, kritisierten wir diese „Kisten“ die (mit der 4-Rohr-Auspuffanlage) wie Maschinengewehre geklungen haben als unmögliche Geräte. „So nicht“ - war der gemeinsame Tenor! Als dann auf meinem Arbeitsweg im Zug ein Kollege erzählte, dass er mit Kardanwellen vom Autoabbruch ein Formel-Vau-Chassis zusammengeschweißt hätte, war‘s geschehen. Zusammen mit dem Berufskameraden Alfred Hofstetter beschlossen wir, das aber besser machen zu wollen als mit Kardanwellen. In der alten Schmiede meines Vaters (50 Meter vom heutigen Standort von HORAG) bauten wir 1966 und 1967 die ersten beiden Formel V 1300. HAS 1 in Monza 1967

Frage: Was genau steckt hinter der Typen-Kurzbezeichnung „HAS“, die Sie für Ihre Fahrzeuge gewählt haben? Und wie kam es dazu?

Markus Hotz: Eben dieser Kollege der ersten Stunde hieß Alfred Hofstetter = Hotz+Hofstetter Automobile Sulgen. Nach 1 ½ Jahren verlor dann Hofstetter nach einem Überschlag beim Bergrennen die Lust am Rennauto. Also machte ich allein weiter. Bei all diesen Aktivitäten hat mich meine Frau Ursula (erstaunlicherweise) immer tatkräftig unterstützt, obwohl das Familienleben sicher unter den oft extremen Belastungen gelitten hat. Nach Umwegen über 1300er-Bau bei LISTA und über Baden kamen wir 1977 wieder ins angestammte Sulgen (wo wir gerade jetzt wieder einen Neubau bezogen haben). Somit stimmt HAS immer noch und wurde als Typenbezeichnung auch bei HORAG beibehalten.

Frage: Was waren Ihre schönsten Erfolge?

Markus Hotz: Als Fahrer: Da fallen mir zuerst die Nürburgringrennen allgemein ein - und dann der 3. Startplatz in Hockenheim im Herbst 1973. Und dann bei der Schweizermeisterschaft in Dijon im Oktober 1973: Im Regen schneller als Formel 1 und Formel 2 (Jean Blanc, R. Salomon, F. Amweg & Co.). Im November ‘72 konnte ich den „Gran Premio do Portogal“ in Estoril gewinnen. Es waren nicht viele Super Vaus und Formel Renault dort – aber es war ein exotisches Rennen auf der neuen Rennstrecke (mit 2540km Hinweg!). Und als Teamchef: Da war es der Sieg im Europapokal mit Bertil Roos 1971 und verschiedene Leader-Positionen mit Harald Ertl.

Erste schnelle HAS 4-Skizze Markus Hotz mit dem HAS 4 Super Vau Harald Ertl im HORAG 1971 am Nürburgring

Frage: Sie haben 1972 elf HAS 4 Formel Super Vau und 1973 10 HAS 5 Fahrzeuge gebaut – also eine richtige Serienproduktion aufgebaut. In der Automobilrevue 12/1973 haben Sie gesagt, dass es an eine Verrücktheit grenze, in der Schweiz Rennwagen zu bauen. Sie haben es trotzdem erfolgreich gemacht. Was war Ihr Erfolgsrezept?

Markus Hotz: Was war der Erfolg? Sicher dass wir es geschafft haben, insgesamt sechs Formel Vau 1300 (‘66-‘69) und nach der Gründung von Horag 33 Super Vau (‘71 – ‘74) zu bauen und zu verkaufen. Ab 1974 hätten wir wieder in neue Konstruktionen investieren müssen - in einer Situation wo die Super Vau eher schon etwas den früheren Schwung von ‘71 – ‘73 verloren hatte. Ab Ende 1974 haben wir dann über die nächsten 10 Jahre eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit MARCH/GB gehabt. Hier ist zu erwähnen, dass der erste wassergekühlte MARCH Super Vau auf mein Drängen bei Robin Herd hier in Sulgen gebaut worden ist. Wir erhielten von MARCH ein Formel-3-Monocoque mit Aufhängungen und konstruierten den Super V (für Mike Korten, Krefeld). Das mit der Schweiz stimmt bis heute, wo wir ja 60 Jahre lang ein Rundrennverbot haben. Dass dieses jetzt für Rennen der Formel E aufgehoben wird, ist eigentlich kein Erfolg für mich, sondern eine Vermarktung einer gut sichtbaren „grünen“ Idee, welche eigentlich am Ziel der Effizienzsteigerung und Energiewende vorbeipolitisiert. Dass wir heute innerhalb von zwei Jahren im internationalen Motorsport mit 30 – 35% weniger Energie (Le Mans und Formel 1) auskommen, darüber redet und schreibt eigentlich niemand. Neben dem historischen Motorsport, der ja auch kulturhistorische Werte verkörpert und m. E. technisch gleich bleiben sollte, ist der moderne Motorsport auf solche positiven Effekte in der Öffentlichkeit angewiesen. Die Horag-Werkstatt 1972 in Baden Das HORAG-Team 1973

Frage: Ihr Mitbewerber Louis Christen hat beim LCR-Giger HORAG-Radträger verwendet. Wie war Ihr Verhältnis zu Ihrem Schweizer „Konkurrenten“?

Markus Hotz: Louis hat unsere Magnesiumradträger auch für seine Seitenwagen verwendet, wo er dann der Hersteller Nr. 1 weltweit geworden ist. Super Vau hat er nur wenige gebaut und eher bereits zu einer Zeit, wo wir schon Richtung MARCH (Formel 3, Formel 2) unterwegs gewesen sind. Wir fühlten uns nicht so stark als Konkurrenten, hatten auch keine Probleme zusammen. Heute freuen wir uns, wenn wir uns wieder einmal auf einer historischen Veranstaltung treffen.

Frage: Wenn Sie an Ihre Zeit in der Formel Vau und Super Vau zurückdenken, was waren dann Ihre liebsten und schönsten Erfahrungen?

Markus Hotz: Natürlich erinnert man sich an manche „heiße“ Situation oder schöne Erfolge, doch wie oben erwähnt, sind eigentlich die Szenen mit den Menschen, die man getroffen hat und mit denen es gemeinsame Erlebnisse gab, wichtig. Sei dies auf der Strecke oder daneben - oder auf den doch damals schon langen, oft gemeinsamen Reisen. Hier könnten diverse Reminiszenzen hervorgeholt werden.

Formel 1-Star Jody Scheckter aus Südafrika beim Test in Silverstone 1973

Thomas Keßler/Frank Michael Orthey/Lothar Panten: Formel Vau und Super Vau. Die Geschichte eines Rennsport-Welterfolgs. View-Verlag, 2. Auflage Bonn 2017, S. 255ff

https://www.horag.com/de/

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  • von frankorthey